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„Schau mir in die Augen, Kleines“

Christian Kruse,

regelmäßiger Blickkontakt

Die wichtigste Variante schien mir der regelmäßige Blickkontakt zu sein. Wenn Alfons mich sehr regelmäßig anschaute, hätte ich erstens keine Probleme damit, dass er abdriftet und nicht mehr ansprechbar ist und zweitens könnte ich ihm so Korrekturen und Kommandos zukommen lassen. Ein bestechender Gedanke, und ich fing direkt an, das umzusetzen. Ich hatte das Kommando „schau mich an“ schon trainiert, weil es auch bei einem hörenden Hund ein praktisches Kommando ist: er hatte schon gelernt mir in die Augen zu sehen, wenn ich mit dem Zeigefinger und dem Mittelfinger auf meine Augen zeigte.

ich, wie ich die „schau mir in die Augen“-Geste mache

Zunächst fing ich an den Blickkontakt einzufordern. Ich machte mir zunutze, dass er sich als Welpe eh nicht weit von mir entfernte und berührte ihn Anfangs regelmäßig um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Sah er zu mir zeigte ich die „schau mir in die Augen“-Geste. Jedesmal, wenn er mich anblickte, bestätigte ich das noch mit der Daumen-Hoch-Geste (👍) und er bekam sein Leckerchen. Relativ schnell fing er an mich selbstständig regelmäßig anzuschauen. Ich bestätigte das noch mit der „Schau mich an“-Geste und 👍 und belohnte ihn. Nach und nach ließ ich die „Schau mich an“-Geste weg, zeigte nur noch 👍 und belohnte mit einem Leckerchen.

Das klappte so gut, dass er mich wirklich alle 10-20 Sekunden ansah. Nach einer Weile belohnte ich nicht mehr jedes anschauen, sondern bestätigte mit der Ok-Geste (👌) und belohnte nur noch jedes zweite mal. Dann jedes dritte mal. Dann jedes fünfte mal: auf Dauer wollte ich weg davon, ihn regelmäßig belohnen zu müssen.

Leider wurde es ab diesem Zeitpunkt schlechter. Wenn ich seltener belohnte, schaute er mich auch seltener an. Die Konditionierung saß wohl noch nicht so tief, dass ich die Belohnung weglassen konnte. Gleichzeitig schlug so langsam auch die Pubertät zu, in der der Hund eh unabhängiger wird und sich nicht mehr so stark an seiner Bezugsperson orientiert. Ich dachte eine Weile nach, wie man den Effekt noch verstärken könnte.

Bei der Grundausbildung gibt es eine Phase, in der man dem Welpen beibringt, sich an der Bezugsperson zu orientieren: man wechselt willkürlich die Richtung, fängt auf einmal an zu rennen oder versteckt sich, wenn der Welpe unaufmerksam ist oder zurück bleibt. Ich hatte das mit Alfons nie geübt, weil es nicht nötig war: er hatte sich immer sehr stark an mir orientiert. Diese Taktik fing ich jetzt an anzuwenden, wenn er mich zu lange nicht ansah: ich drehte einfach um und ging in die andere Richtung. Oder wenn er am Wegesrand etwas beschnupperte und die Entfernung zu mir zu groß wurde schlug ich mich kurzerhand in die Büsche und versteckte mich. Das war sehr effektiv, innerhalb kürzester Zeit schaute er mich wieder sehr regelmäßig an.

Inzwischen nutze ich das Trockenfutter, dass ich bisher als Belohnung eingesetzt hatte, kaum noch zur Bestätigung des Blickkontaktes. Vielleicht noch ein, zwei mal pro Spaziergang, wenn ich merke, dass er abgelenkt ist. Ich zeige ihm fast nur noch die 👌 Ok-Geste.

Aufmerksamkeit über Berührungen oder die Leine erregen

Die Aufmerksamkeit über eine Berührung anzutrainieren war kaum nötig. Wenn ich ihn berührte schaute er mich in der Regel eh sofort an. Ich bestätigte das gelegentlich mit einer Belohnung, aber im Großen und Ganzen sah ich keine Notwendigkeit das wirklich zu üben. Das klappte von vornherein sehr gut.

Die Aufmerksamkeit über die Leine hatte ich von Anfang an geübt. Eine Standard-Strategie, den Abruf zu üben, ist es eine kurze Schleppleine an den Hund zu machen und jedesmal, wenn er auf eine Ansprache oder einen Abruf nicht reagiert, kurz an der Leine zu ziehen; nicht fest, nur gerade so, dass er es merkt. Der Impuls reicht in der Regel, dass der Hund sich einem zuwendet und zu einem kommt. Das hatte ich bei Alfons sehr oft machen müssen, als ich noch nicht wusste, dass er nicht hören kann. Deshalb konnte er das auch schon sehr gut. Ich differenzierte das Training noch etwas, indem ich nur noch verlangte, dass er mich bei einem kurzen Leinenruck ansah, und bestätigte punktgenau den Blickkontakt mit 👍 und einer Belohnung.

Inzwischen muss ich das nicht mehr bestätigen, ein kurzer, leichter Leinenruck führt fast immer sofort dazu, dass er mich ansieht.

Aufmerksamkeit über Bewegungen im (äusseren) Blickfeld

Manchmal wollte ich Alfons Aufmerksamkeit erregen, wenn er mich nicht direkt ansah, und ich wusste, dass ich in seinem äusseren Blickfeld stand. Oder wenn ich wusste, dass er mich bald wieder ansehen würde. Zu diesem Zweck führte ich eine weitere Geste ein: wenn ich die Hand hob und mit den Fingern wackelte, sollte er mich ansehen um sein Kommando zu empfangen.

Ich baute dieses Kommando allerdings etwas anders auf. Durch die Bewegung sah er eh schon hin, wenn ich die Geste machte. Ich musste das also nicht bestätigen. Stattdessen fing ich damit an, diese Geste immer dann zu verwenden, wenn er mich nur im Blickfeld sehen konnte, und wenn er mich dann ansah gab ich ihm ein Kommando (in der Regel ein Abruf oder ein Platz) und belohnte das. Alfons verstand ziemlich schnell, was die Geste bedeutete, und dann fing ich an die Geste auch zu verwenden, wenn ich ihm ein Kommando geben wollte wenn er mich im Rahmen des regelmäßigen Blickkontaktes ansah.

Inzwischen kann ich die Geste zuverlässig verwenden. Sehr praktisch!

Aufmerksamkeit über Alternativen erregen

Es scheint oft so zu sein, dass gehörlose Hunde auch auf andere Art und Weise wahrnehmen können, dass die Bezugsperson ihre Aufmerksamkeit möchte. Bei Alfons funktionierte Klatschen ausgesprochen gut, und etwas schlechter auch aufstampfen. Die gängige Theorie ist, dass sie das Klatschen über die Schnurrhaare wahrnehmen können und das Stampfen über die Füße.

Das erscheint mir logisch, und die Versuche, die wir unternahmen, schienen das zu bestätigen: Alfons nahm drinnen das klatschen wahr, wenn er im gleichen Raum wie ich war. Draussen kamen noch andere Einschränkungen dazu: er durfte nicht zu weit weg sein, und die Entfernung durfte nicht zu weit sein. Ca 10 Meter ist klar eine Grenze: darunter nimmt er es wahr, darüber nicht mehr zuverlässig. Auch wenn es stark windig ist nimmt er es nicht länger zuverlässig wahr.

Das Aufstampfen nimmt er nur sehr eingeschränkt wahr: er darf nicht mehr als ein paar Meter entfernt sein und der Boden darf keinen Übergang enthalten. Z.B. ich stampfe auf dem Teer der Strasse auf, und er nimmt es zuverlässig wahr, wenn er auch auf der Strasse steht. Wenn er dagegen auf dem Grünstreifen daneben steht, wird es sehr viel unzuverlässiger. Im Haus, wo wir alte Dielenböden haben, die die Erschütterung weitertragen, ist dieses Mittel dagegen sehr effektiv.

Ich konnte mich also nicht darauf verlassen, aber es machte viele Dinge sehr viel einfacher, gerade das klatschen. Dementsprechend habe ich genau das auch stark in den Fokus gerückt. Nach bekanntem Schema belohnte ich, wenn er auf das Klatschen reagierte. Das klappt, mit den erwähnten Einschränkungen, inzwischen auch sehr gut.

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