WWWTech / einen gehörlosen Hund ausbildenhttps://wwwtech.de/the-life-of-alfons.atom2022-07-08T08:33:30.213639+00:00Christian Krusechristian@kruse.coolhttps://wwwtech.de/aboutAnti-Jagd-Trainingtag:wwwtech.de,2022:Deafie/92022-08-01T05:05:15.251543+00:002022-07-30T20:40:19.076323+02:00<article
class="article deafie h-entry"
lang="de">
<div class="header-image">
<img src="https://wwwtech.de/the-life-of-alfons/2022/jul/anti-jagd-training.jpg?type=large" alt="">
</div>
<div class="e-content">
<h4>Impulskontrolle</h4>
<p>Bei der Impulskontrolle geht es im Grunde um Übungen, die dem Hund Selbstkontrolle beibringen: etwa sitzen zu bleiben, wenn ein Ball vorbeirollt. Oder nicht nach dem Futter zu greifen, wenn es auf den Boden fällt. Ich habe von Anfang an viel Wert auf solche Übungen gelegt, auch schon bevor wir von seiner Gehörlosigkeit wussten, weil ich von Peer, Alfons Vorgänger, wusste, wie wichtig diese Übungen sind, um den Jagdtrieb unter Kontrolle zu halten.</p>
<p>Dieses Training unterscheidet sich kaum von dem Training für hörende Hunde – außer, dass ich bei Alfons noch mehr Gewichtung auf diese Art von Übung legte. Wenn Alfons dem Trieb Wild zu jagen nicht widerstehen kann, habe ich kaum Möglichkeit ihn zurückzurufen oder zu stoppen. Das Vibrationshalsband hat eine sehr eingeschränkte Reichweite, und mein Rufen kann er nicht hören. Also muss verhindert werden, dass er überhaupt erst losrennt.</p>
<p>Angefangen habe ich mit einfachen Dingen: etwa sitzen zu bleiben bis ich ihm erlaube aufzustehen, wenn ich Futter in den Napf gebe. Oder nicht nach Futter zu greifen, wenn ich es fallen lasse. Bleib-Training: Alfons muss sitzen oder liegen bleiben, während ich durch die Gegend laufe. Die Schwierigkeit erhöhen kann man, wenn man anfängt zu rennen oder wenn man am Hund vorbeirennt. Bis Alfons sicher liegen bleiben konnte, wenn ich an ihm vorbeirenne, hat es fast eine Woche gedauert.</p>
<p>Später habe ich dann geübt, sitzen zu bleiben, wenn ich einen Ball oder einen Dummy werfe. Inzwischen kann ich Futter werfen und wenn Alfons hinterher hetzt, kann ich ihn mit dem Klatschen dazu bringen sich umzudrehen und durch Handzeichen dann in den Platz schicken oder zu mir rufen. Das Gleiche gilt bei der Dummy-Arbeit: Ich kann ihn einen Dummy holen schicken und mitten drin stoppen und abrufen oder in den Platz schicken. Das ist für einen Hund schon eine beachtliche Leistung, und ehrlich gesagt: so langsam gehen mir auch die Ideen aus, wie ich die Übungen noch schwieriger machen kann.</p>
<p>Ich mache diese Art Übungen täglich in der Mittagspause, etwa 15–20 Minuten. Das reicht auch völlig aus, danach ist er platt und muss sich erstmal ausruhen. Ich bemühe mich dabei immer wieder neue Varianten zu erfinden, etwa habe ich vor kurzem angefangen Alfons mit Futter buchstäblich zu bewerfen: Ich werfe es ihm an die Brust oder rolle es ihm auf die Füße oder werfe es ihm direkt über den Kopf, und er darf nicht danach greifen. Vorher bin ich sehr plötzlich von ihm weg gesprintet, und er musste lieben bleiben. So wird es für den Hund nie einfach, und er wird immer wieder gefordert.</p>
<h4>Jagdtrieb ausleben</h4>
<p>Es ist wichtig zu verstehen, dass der Jagdtrieb sich bei den unterschiedlichen Hunderassen auf unterschiedliche Art und Weise manifestiert. Es gibt Sichtjäger, die darauf spezialisiert sind, hinter einer davonlaufenden Beute hinterherzulaufen. Die bekanntesten Vertreter sind hier wohl Windhunde.</p>
<p>Dann gibt es Hütehunde, die ihren Jagdtrieb im Hüten ausleben. Border Collies oder Australian Sheperds sind da wohl die bekanntesten Rassen.</p>
<p>Und dann gibt es die Retriever-Rassen, die ihren Trieb durch Nasenarbeit und das Apportieren ausleben. Der Labrador Retriever und der Golden Retriever sind vermutlich die bekanntesten Vertreter. Diese Hunde haben ein starkes Bedürfnis, die Nase zu benutzen und Dinge zu tragen. Bei Alfons hat sich das schon sehr früh insofern geäußert, dass er anfing mit Dinge hinterherzutragen. Vom Stöckchen, dass ich weg geworfen hatte, über seine Leine (es sorgt durchaus für nicht wenig Erheiterung, wenn der Hund mit seiner eigenen Leine im Maul hinter einem herläuft) über Werkzeuge, die ich auf die Seite gelegt hatte, wenn ich draußen arbeitete.</p>
<p>Ich hatte das durchaus schon vorher auf dem Schirm gehabt, das war einer der Gründe, warum wir uns für einen Retriever entschieden hatten. Ich fing schon früh an, mit Alfons das Apportieren zu üben. Wir bauten es über einen Futterdummy auf: Er verstand sehr schnell, dass es sich lohnte, mit mir zusammenzuarbeiten und erstens den Dummy zu holen und ihn zweitens auch wieder abzugeben. Denn jedes Mal, wenn er mir den Dummy brachte und ihn auch abgab, bekam er aus dem Dummy zu fressen. Der Futterdummy wurde sehr schnell zu einem sehr wichtigen Gegenstand in Alfons Welt.</p>
<p>Das wiederum war die Voraussetzung, um die interessanteren Dummy-Übungen aufzubauen: das Markieren, das Einweisen und die Verlorensuche.</p>
<p><em>Markieren</em> bedeutet, dass Alfons neben mir sitzt und ich einen (oder mehrere) Dummys werfe. Er beobachtet, wohin sie fallen, und holt sie dann. Diese Übung kann man auch wunderbar zur Impulskontrolle nutzen: Man kann Verleitdummys werfen (einen Dummy werfen, wenn er bereits einen trägt oder wenn er einen anderen holen soll), man kann das holen stoppen, man kann den interessanteren Dummy auswerfen und dann einen anderen holen lassen, etc., pp. Eine tolle Übung.</p>
<p><em>Einweisen</em> bedeutet, dass ich weiß, wo der Dummy liegt und Alfons mit Sichtzeichen zum richtigen Ort dirigiere. Das Einweisen mag ich, weil Alfons und ich so stark zusammenarbeiten und so die Bindung verbessern. Wir sind allerdings beide noch Anfänger in dieser Disziplin.</p>
<p><em>Verlorensuche</em> bedeutet, dass ich zwar in etwa weiß, wo der Dummy liegt, aber nicht genau. Ich schicke Alfons dann los und er darf selbstständig suchen. An dieser Ausrichtung hat er ganz klar den meisten Spaß. Man sieht richtig, wie aufregend das für ihn ist. Aufgebaut habe ich es, indem ich Dummys erstmal selber versteckt habe: Er musste sitzen bleiben, während ich den Dummy versteckt habe. Dann bin ich zurückgekommen und er durfte los und ihn suchen. Das ist relativ einfach für ihn, denn er kann ja einfach meiner Spur folgen. Diese Übung mache ich immer noch regelmäßig, mit variierender Schwierigkeit: manchmal vergrabe ich einen Dummy, manchmal hänge ich ihn an einem Ast auf oder lege ihn in eine Astgabel. Und manchmal lege ich ihn ins Unterholz.</p>
<p>Als Alfons begriffen hatte, worum es ging und auch schon etwas Übung hatte, habe ich ihn außer Sicht liegen lassen und habe einen Dummy auf einem sehr klar abgegrenztem Gebiet geworfen. Er konnte so nicht sehen, wo er liegt. Der Platz war vielleicht zehn mal zehn Meter groß. Dann habe ich ihn losgeschickt zum Suchen.</p>
<p>Inzwischen kann ich einen Dummy im hohen Gras auf eine Wiese werfen (ohne, dass er es sieht) und ihn den Dummy suchen lassen. Als nächsten Schritt werde ich einen zweiten und irgendwann noch mehr Dummys gleichzeitig ins Spiel bringen.</p>
<h4>Sicht-Konditionierung</h4>
<p>Die oben beschriebene Arbeit sehe ich als Voraussetzung für ein Anti-Jagd-Training. Und für einen hörenden Hund ist das sicherlich auch genug, bei einer Wild-Begegnung ruft man dann dem Hund ein „Platz!“ hinterher und er sollte in der Lage sein, das Kommando auszuführen.</p>
<p>Bei Alfons reicht das allerdings nicht. Ich kann ihm kein Platz hinterherschicken. Hier fühlte ich mich auch das erste Mal ernsthaft überfordert. Wie sollte ich einen gehörlosen Hund davon abhalten, hinter einem Wild hinterherzuhetzen?</p>
<p>Ich war so ratlos, dass ich sogar eine Einzelstunde bei der Hundetrainerin vereinbarte. Zusammen mit ihr haben wir uns eine Strategie ausgedacht, die zumindest für mich durchaus erfolgversprechend ist. Im Wesentlichen läuft sie darauf hinaus, dass wir Alfons darauf konditionieren, in Jagd-Situationen zunächst zu mir zu schauen und sich am besten auch von selbst hinlegt. Sozusagen ein automatisches Platz.</p>
<p>Das Training dafür sieht so aus, dass ich mit der Schleppleine arbeite. Jedes Mal, wenn Alfons abdriftet, etwa weil er eine Wildspur riecht oder wenn er Wild sieht, fordere ich mit der Schleppleine seine Aufmerksamkeit ein (Blickkontakt) und schicke ihn ins Platz. Typische Situationen wären hier etwa Geländeübergänge, etwa wenn das Gelände etwa bei einer Feldauffahrt auf einmal einsehbar wird, oder wenn Alfons die Nase in den Wind hält, weil er einen interessanten Duft aufgenommen hat.</p>
<p>Für mich ist das Training sehr anstrengend, da ich immer genau im Blick haben muss, was Alfons gerade tut, und immer den Hund korrekt und schnell lesen muss. Inzwischen sind wir aber so weit, dass Alfons sich an Geländeübergängen zunächst mich anschaut und sich problemlos ins Platz schicken lässt. Ich bin also vorsichtig optimistisch und werde sicherlich später nochmal darüber berichten.</p>
</div>
</article>Rückruftag:wwwtech.de,2022:Deafie/82022-07-24T07:38:33.579693+00:002022-07-24T08:14:35.626398+02:00<article
class="article deafie h-entry"
lang="de">
<div class="header-image">
<img src="https://wwwtech.de/the-life-of-alfons/2022/jul/rueckruf.jpg?type=large" alt="">
</div>
<div class="e-content">
<p>Was einem in den Google-Suchergebnissen sofort empfohlen wird, sind Vibrationshalsbänder. Das ist allerdings ein schwieriges Gebiet. Wenn man nach Vibrationshalsbändern sucht, kommt man sehr schnell in das Gebiet der Elektro-Halsbänder, und der Einsatz solcher Halsbänder ist – aus gutem Grund – in Deutschland verboten.</p>
<p>Auf Empfehlung der Hundeschule fanden wir jedoch ein Halsband, und zwar den „<a href="https://pettec.de/produkt/modular-remote-vibra/">Remote Vibra Multi-Trainer</a>“ von Pettec. 600m Reichweite, geschützt gegen Spritzwasser und mit verstellbarer Vibrationsstärke – nicht optimal, ich hätte lieber etwas mit etwas mehr Reichweite und vollständig wasserfestes gehabt, es war jedoch besser als nichts. Wir wurden bereits gewarnt, dass es sein könnte, dass er nicht sensibel genug ist, um die Vibration zu bemerken. Deshalb war ich sehr gespannt, ob es funktionieren würde.</p>
<p>Da ich wollte, dass er das Vibrieren mit etwas Schönem in Verbindung brachte, schnitt ich mir Fleischwurst-Stücke zurecht und legte ihm das Halsband an. Ich löste die Vibration aus und beobachtete ihn gespannt. Er zeigte ein deutliches Ohrenspiel und schien etwas verwirrt zu sein. Ich bestätigte das sofort mit Fleischwurst. Das machte ich bis ich den Eindruck hatte, dass er verstanden hatte: wenn es vibriert gibt es was Tolles. Bei Alfons dauerte das viermal. Dann fing ich an, das Kommando aufzubauen: ich löste die Vibration aus, bedeutete ihm mit der bisherigen Geste zu mir zu kommen und bestätigte das Verhalten, als er bei mir war, mit Fleischwurst. Er hatte schnell raus, was das Vibrieren bedeutete.</p>
<p class="unscaled fr"><img alt="Katzenfutter in einer Tüte, mit der Aufschrift „Genusshappen in Sauce“" src="https://wwwtech.de/pictures/359.unknown?type=thumbnail"></p>
<p>Nächster Schritt: das Kommando draußen mit Ablenkung üben. Dort klappte es erwartungsgemäß schon deutlich schlechter: unter Ablenkung schien er die Vibration zumindest teilweise nicht wahrzunehmen. Ich stellte die Vibrationsstufe als aufs Maximum und probierte es nochmal. Und tatsächlich, jetzt bemerkte er die Vibration und kam zu mir. Das übte ich bei den nächsten Spaziergängen. Zunächst klappte es sehr gut, er kam schnell und freudig. Genau, was man sich als Hundebesitzer erhofft. Allerdings in den kritischen Situationen, etwa wenn andere Hunde im Spiel waren oder wenn er etwas Interessantes am Wegesrand roch, wurde es schwierig für ihn. Manchmal verzögerte er das Herkommen, manchmal ignorierte er es vollständig. Ich musste ganz klar das Kommando verstärken. Ich kaufte zu diesem Zweck Katzenfutter in kleinen Tüten. Die meisten Hunde lieben das Zeug und würden fast alles dafür tun, so auch Alfons. Sobald er spitz bekommen hatte, dass es für das Herkommen sowas genial tolles wie Katzenfutter gab, kam er ohne Umschweife im Schweinsgalopp sofort zu mir gerannt und leckte sich bereits auf dem Weg zu mir erwartungsvoll die Lippen. Perfekt.</p>
<p>Nebenbei: Katzenfutter macht Hunde übrigens nicht blind. Es ist umgekehrt der Fall: wenn man Katzen (nur) mit Hundefutter ernährt, können sie davon blind werden, da Hundefutter weniger <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Taurin">Taurin</a> enthält. Katzen haben hier einen höheren Bedarf und können es wohl nicht selber bilden. Katzenfutter ist für Hunde also nicht unbedingt das Gesündeste (weil es zu viel Protein enthält) und deshalb als Alleinfuttermittel nicht geeignet, aber als Belohnung völlig in Ordnung.</p>
<p>Ich übte den Abruf über die nächsten Wochen und Monate, und mit jedem erfolgreichen Abruf (die Quote lag bei annähernd 100 %) bekam ich mehr Mut. Etwa ein halbes Jahr übte ich den Rückruf mit Katzenfutter, anfangs mehrmals täglich und später nach Bedarf. Allerdings war das hantieren mit dem Katzenfutter wirklich ekelig, und auf Dauer wollte ich auch nicht auf Leckerchen als Belohnung angewiesen sein. Deshalb wollte ich im nächsten Schritt vom Katzenfutter auf Würstchen umsteigen, und danach die Leckerchen komplett ausschleichen.</p>
<p>Ich hatte aber auch gleichzeitig Angst, dass die Wichtigkeit des Abrufs darunter leidet, wenn ich eine weniger gute Belohnung nehme. Deshalb nutzte ich die ersten Tage eine lange Schleppleine, um ihn im Notfall zu mir holen zu können, und übte das Herkommen mit Würstchen als Leckerchen. Das hatte keinerlei Einfluss auf die Wichtigkeit des Kommandos: er kam immer noch sofort und schnell zu mir. An dem Punkt bin ich immer noch. In den nächsten Wochen werde ich die Belohnung für den Abruf nach und nach ausschleichen.</p>
<p>Anfangs, bevor ich wusste, dass Alfons gehörlos ist, hatte ich für den Abruf ein Sichtzeichen eingeführt: ich zeigte vor mir auf den Boden. Das hatte er auch soweit verstanden, aber auf eine Entfernung von mehr als ein paar Metern war das leider keine gute Geste, denn sie war nicht eindeutig genug und nicht klar erkennbar. Deshalb führte ich gleichzeitig auch eine neue Geste ein: ich streckte beide Hände hoch in die Luft. Ich trainierte sie Anfangs getrennt vom Abruf mit dem Halsband, um ein Abruf-Signal zu haben, dass ich nicht mit dem ekeligen Katzenfutter belohnen musste. Nach einer Weile allerdings ging mir auf: das ist eine bescheuerte Idee. Besser trainierte ich den Abruf mit dem Sichtzeichen gleichzeitig mit dem Abruf durch das Halsband und ersetzte nach einer Weile das Katzenfutter und hatte so zwei Kommandos mit der gleichen Wichtigkeit und der gleichen Bedeutung.</p>
</div>
</article>„Schau mir in die Augen, Kleines“tag:wwwtech.de,2022:Deafie/72022-07-20T17:10:42.572115+00:002022-07-20T13:29:16.337681+02:00<article
class="article deafie h-entry"
lang="de">
<div class="header-image">
<img src="https://wwwtech.de/the-life-of-alfons/2022/jul/schau-mir-in-die-augen-kleines.jpg?type=large" alt="">
</div>
<div class="e-content">
<h4>regelmäßiger Blickkontakt</h4>
<p>Die wichtigste Variante schien mir der regelmäßige Blickkontakt zu sein. Wenn Alfons mich sehr regelmäßig anschaute, hätte ich erstens keine Probleme damit, dass er abdriftet und nicht mehr ansprechbar ist und zweitens könnte ich ihm so Korrekturen und Kommandos zukommen lassen. Ein bestechender Gedanke, und ich fing direkt an, das umzusetzen. Ich hatte das Kommando „schau mich an“ schon trainiert, weil es auch bei einem hörenden Hund ein praktisches Kommando ist: er hatte schon gelernt mir in die Augen zu sehen, wenn ich mit dem Zeigefinger und dem Mittelfinger auf meine Augen zeigte.</p>
<p><img src="https://wwwtech.de/pictures/358.jpg?type=thumbnail" alt="ich, wie ich die „schau mir in die Augen“-Geste mache" /></p>
<p>Zunächst fing ich an den Blickkontakt einzufordern. Ich machte mir zunutze, dass er sich als Welpe eh nicht weit von mir entfernte und berührte ihn Anfangs regelmäßig um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Sah er zu mir zeigte ich die „schau mir in die Augen“-Geste. Jedesmal, wenn er mich anblickte, bestätigte ich das noch mit der Daumen-Hoch-Geste (👍) und er bekam sein Leckerchen. Relativ schnell fing er an mich selbstständig regelmäßig anzuschauen. Ich bestätigte das noch mit der „Schau mich an“-Geste und 👍 und belohnte ihn. Nach und nach ließ ich die „Schau mich an“-Geste weg, zeigte nur noch 👍 und belohnte mit einem Leckerchen.</p>
<p>Das klappte so gut, dass er mich wirklich alle 10-20 Sekunden ansah. Nach einer Weile belohnte ich nicht mehr jedes anschauen, sondern bestätigte mit der Ok-Geste (👌) und belohnte nur noch jedes zweite mal. Dann jedes dritte mal. Dann jedes fünfte mal: auf Dauer wollte ich weg davon, ihn regelmäßig belohnen zu müssen.</p>
<p>Leider wurde es ab diesem Zeitpunkt schlechter. Wenn ich seltener belohnte, schaute er mich auch seltener an. Die Konditionierung saß wohl noch nicht so tief, dass ich die Belohnung weglassen konnte. Gleichzeitig schlug so langsam auch die Pubertät zu, in der der Hund eh unabhängiger wird und sich nicht mehr so stark an seiner Bezugsperson orientiert. Ich dachte eine Weile nach, wie man den Effekt noch verstärken könnte.</p>
<p>Bei der Grundausbildung gibt es eine Phase, in der man dem Welpen beibringt, sich an der Bezugsperson zu orientieren: man wechselt willkürlich die Richtung, fängt auf einmal an zu rennen oder versteckt sich, wenn der Welpe unaufmerksam ist oder zurück bleibt. Ich hatte das mit Alfons nie geübt, weil es nicht nötig war: er hatte sich immer sehr stark an mir orientiert. Diese Taktik fing ich jetzt an anzuwenden, wenn er mich zu lange nicht ansah: ich drehte einfach um und ging in die andere Richtung. Oder wenn er am Wegesrand etwas beschnupperte und die Entfernung zu mir zu groß wurde schlug ich mich kurzerhand in die Büsche und versteckte mich. Das war sehr effektiv, innerhalb kürzester Zeit schaute er mich wieder sehr regelmäßig an.</p>
<p>Inzwischen nutze ich das Trockenfutter, dass ich bisher als Belohnung eingesetzt hatte, kaum noch zur Bestätigung des Blickkontaktes. Vielleicht noch ein, zwei mal pro Spaziergang, wenn ich merke, dass er abgelenkt ist. Ich zeige ihm fast nur noch die 👌 Ok-Geste.</p>
<h4>Aufmerksamkeit über Berührungen oder die Leine erregen</h4>
<p>Die Aufmerksamkeit über eine Berührung anzutrainieren war kaum nötig. Wenn ich ihn berührte schaute er mich in der Regel eh sofort an. Ich bestätigte das gelegentlich mit einer Belohnung, aber im Großen und Ganzen sah ich keine Notwendigkeit das wirklich zu üben. Das klappte von vornherein sehr gut.</p>
<p>Die Aufmerksamkeit über die Leine hatte ich von Anfang an geübt. Eine Standard-Strategie, den Abruf zu üben, ist es eine kurze Schleppleine an den Hund zu machen und jedesmal, wenn er auf eine Ansprache oder einen Abruf nicht reagiert, kurz an der Leine zu ziehen; nicht fest, nur gerade so, dass er es merkt. Der Impuls reicht in der Regel, dass der Hund sich einem zuwendet und zu einem kommt. Das hatte ich bei Alfons sehr oft machen müssen, als ich noch nicht wusste, dass er nicht hören kann. Deshalb konnte er das auch schon sehr gut. Ich differenzierte das Training noch etwas, indem ich nur noch verlangte, dass er mich bei einem kurzen Leinenruck ansah, und bestätigte punktgenau den Blickkontakt mit 👍 und einer Belohnung.</p>
<p>Inzwischen muss ich das nicht mehr bestätigen, ein kurzer, leichter Leinenruck führt fast immer sofort dazu, dass er mich ansieht.</p>
<h4>Aufmerksamkeit über Bewegungen im (äusseren) Blickfeld</h4>
<p>Manchmal wollte ich Alfons Aufmerksamkeit erregen, wenn er mich nicht direkt ansah, und ich wusste, dass ich in seinem äusseren Blickfeld stand. Oder wenn ich wusste, dass er mich bald wieder ansehen würde. Zu diesem Zweck führte ich eine weitere Geste ein: wenn ich die Hand hob und mit den Fingern wackelte, sollte er mich ansehen um sein Kommando zu empfangen.</p>
<p>Ich baute dieses Kommando allerdings etwas anders auf. Durch die Bewegung sah er eh schon hin, wenn ich die Geste machte. Ich musste das also nicht bestätigen. Stattdessen fing ich damit an, diese Geste immer dann zu verwenden, wenn er mich nur im Blickfeld sehen konnte, und wenn er mich dann ansah gab ich ihm ein Kommando (in der Regel ein Abruf oder ein Platz) und belohnte das. Alfons verstand ziemlich schnell, was die Geste bedeutete, und dann fing ich an die Geste auch zu verwenden, wenn ich ihm ein Kommando geben wollte wenn er mich im Rahmen des regelmäßigen Blickkontaktes ansah.</p>
<p>Inzwischen kann ich die Geste zuverlässig verwenden. Sehr praktisch!</p>
<h4>Aufmerksamkeit über Alternativen erregen</h4>
<p>Es scheint oft so zu sein, dass gehörlose Hunde auch auf andere Art und Weise wahrnehmen können, dass die Bezugsperson ihre Aufmerksamkeit möchte. Bei Alfons funktionierte Klatschen ausgesprochen gut, und etwas schlechter auch aufstampfen. Die gängige Theorie ist, dass sie das Klatschen über die Schnurrhaare wahrnehmen können und das Stampfen über die Füße.</p>
<p>Das erscheint mir logisch, und die Versuche, die wir unternahmen, schienen das zu bestätigen: Alfons nahm drinnen das klatschen wahr, wenn er im gleichen Raum wie ich war. Draussen kamen noch andere Einschränkungen dazu: er durfte nicht zu weit weg sein, und die Entfernung durfte nicht zu weit sein. Ca 10 Meter ist klar eine Grenze: darunter nimmt er es wahr, darüber nicht mehr zuverlässig. Auch wenn es stark windig ist nimmt er es nicht länger zuverlässig wahr.</p>
<p>Das Aufstampfen nimmt er nur sehr eingeschränkt wahr: er darf nicht mehr als ein paar Meter entfernt sein und der Boden darf keinen Übergang enthalten. Z.B. ich stampfe auf dem Teer der Strasse auf, und er nimmt es zuverlässig wahr, wenn er auch auf der Strasse steht. Wenn er dagegen auf dem Grünstreifen daneben steht, wird es sehr viel unzuverlässiger. Im Haus, wo wir alte Dielenböden haben, die die Erschütterung weitertragen, ist dieses Mittel dagegen sehr effektiv.</p>
<p>Ich konnte mich also nicht darauf verlassen, aber es machte viele Dinge sehr viel einfacher, gerade das klatschen. Dementsprechend habe ich genau das auch stark in den Fokus gerückt. Nach bekanntem Schema belohnte ich, wenn er auf das Klatschen reagierte. Das klappt, mit den erwähnten Einschränkungen, inzwischen auch sehr gut.</p>
</div>
</article>Beißhemmungtag:wwwtech.de,2022:Deafie/52022-07-15T14:02:49.753351+00:002022-07-15T15:10:59.652642+02:00<article
class="article deafie h-entry"
lang="de">
<div class="header-image">
<img src="https://wwwtech.de/the-life-of-alfons/2022/jul/beisshemmung.jpg?type=large" alt="">
</div>
<div class="e-content">
<p>Bei Alfons kamen hier zwei Dinge zusammen: einerseits hatte er ganz klar nicht gelernt, wie fest zu fest ist: er biss recht hemmungslos zu, und das tut mit den kleinen Mäusezähnchen teilweise schon ganz gut weh.</p>
<p>Da Alfons nicht in der Lage war zu hören, wenn ich „Au!“ rief, schien er nicht zu verstehen, warum ich jetzt das Spiel unterbrochen hatte. Und ich war Anfangs sehr irritiert, dass er so überhaupt nicht auf das Beißhemmungs-Training ansprach. Ich fing an wirklich übertrieben zu schauspielern: wenn er mich zu fest biss hielt ich mir theatralisch die entsprechende Körperstelle und wiegte hin und her oder rieb sie mir, als wenn ich starke Schmerzen hätte. Gleichzeitig wandte ich mich von ihm ab. Auch das funktionierte eher mäßig.</p>
<p>Irgendwann verlor ich wirklich die Geduld und biss ihm, als er mich wieder zu fest biss, kurzerhand ins Ohr. Nicht so, dass es ihm ernsthaft weh tat, aber doch so, dass er es merkte. Er war ziemlich erschrocken, aber es schien klick gemacht zu haben. Er war deutlich vorsichtiger, und wenn ich wieder Schmerzen simulierte und mich abwandt hatte das einen deutlich dämpfenden Effekt. Das hielt so zwei Tage, dann musste ich die Übung nochmal wiederholen. Von da an hatte ich das Gefühl, dass er verstanden hat, worum es geht. Inzwischen kann ich bedenkenlos auch ohne Spielzeug mit ihm spielen und ihn sogar mit meinen Nichten und Neffen spielen lassen: er ist so vorsichtig, dass sie sich nicht beschweren.</p>
<p>Und zweitens hatte er bei starken Gefühlsregungen ziemlich klar einen starken Drang nach mir zu greifen (das beissen um etwas zu halten / aufzunehmen / ziehen / … nennt sich greifen). Es war ziemlich offensichtlich, dass er nicht verletzend oder maßregelnd beissen wollte, er griff zielsicher in meine Kleidung oder in Hautfalten und zog daran. Einem Gast griff er mal im Sitzen in die Seite, so dass es empfindlich kniff. Ein absolutes No-go!</p>
<p>Ich dachte zunächst, dass ich das mit dem Beißtraining erschlage. Aber ganz gleich, wie vorsichtig er beim spielen wurde, dieses Verhalten hörte nicht auf. Um dem zu begegnen baute ich zunächst Druck auf. Ich schob ihn zur Seite, wenn er das Verhalten zeigte oder ich verbot es ihm streng. Das brachte überhaupt gar keine Änderung. Danach bot ich ihm Alternativen an und baute gleichzeitig Druck bei Fehlverhalten auf: ich gab ihm ein Beißspielzeug, dass er nur in diesen Situationen bekam, und korrigierte ihn mahnend, wenn er das Verhalten zeigte. Das half zuerst recht gut und er nahm die Alternative gerne an, aber nach ein paar Tagen lies er dann das Spielzeug fallen und griff trotzdem wieder zu. Deshalb erhöhte ich den Druck: ich kniff ihm bei unerwünschtem Verhalten leicht in die Lefzen. Das änderte leider gar nichts. </p>
<p>Deshalb erhöhte ich nochmal den Druck und fing ich an zeitlich genauer zu arbeiten: ich konnte ungefähr abschätzen, wann es soweit sein würde, dass er nach mir greifen würde. Ich kam ihm knapp zuvor und drückte seine Nase und Schnauze mit dem flachen Handrücken zur Seite. Direkt danach gab ich ihm sein Beissspielzeug.</p>
<p>Das brachte einen deutlichen Erfolg. Sein Greif-Verhalten hat nicht aufgehört, aber man sieht ihm inzwischen sehr deutlich an, dass er statt zuzugreifen nach Alternativen Möglichkeiten zu greifen sucht (etwa ein Stöckchen am Boden, oder sein Beißspielzeug). Und solange er auch eine bekommt, lässt es sich inzwischen problemlos umleiten.</p>
<p>Ich glaube nicht, dass das Greifen jemals ganz aufhören wird. Es scheint irgendwie als Bedürfnis in ihm zu stecken, keine rechte Ahnung warum. Es ist jedoch mit etwas Druck von Zeit zu Zeit und einer Alternative gut umlenkbar und damit nicht länger problematisch. Und mit steigendem Alter wird das sicherlich auch noch weiter abnehmen bzw das Alternativ-Verhalten wird sich weiter ritualisieren und festigen. Und damit kann ich da dann auch damit leben.</p>
</div>
</article>Strategiewechseltag:wwwtech.de,2022:Deafie/42022-07-13T08:00:44.131913+00:002022-07-12T21:32:30.502727+02:00<article
class="article deafie h-entry"
lang="de">
<div class="header-image">
<img src="https://wwwtech.de/the-life-of-alfons/2022/jul/strategiewechsel.jpg?type=large" alt="">
</div>
<div class="e-content">
<p>Als IT-Fuzzie ist mein erster Reflex bei Problemen immer eine ausgedehnte Google-Recherche. Also suchte ich im Internet nach Informationen zu der Erziehung von gehörlosen Hunden und wurde auch schnell fündig – zumindest für die Grundlagen: leider ging eigentlich nichts darüber hinaus als zu erklären, dass man mit einem gehörloser Hund mit Sichtzeichen kommunizieren muss (Duh! Echt?) und dass der Hund darauf geprägt werden muss, sich stark an seiner Bezugsperson zu orientieren. Nicht besonders hilfreich.</p>
<p>Als nächster Schritt suchte ich nach Literatur. Auch da gibt es ein paar Bücher. Ich kaufte auf eine Empfehlung aus einem Internet-Forum das Buch „The Complete Guide to Owning a Deaf Dog: A Practical Guide to Adapting, Training, and Thriving As a Deafie Owner“ (ISBN 1954288107), und tatsächlich enthielt das Buch hilfreiche Tips und beruhigte vor allem bzw machte Mut. Ein gehörloser Hund muss kein Leinenhund sein, und er kann ein erfülltes Hundeleben führen. Man muss allerdings etwas umdenken.</p>
<p>Einiges hatte ich mir selber schon gedacht, doch mit Hilfe dieses Buches konnte ich Strategien zu folgenden Punkten herausarbeiten:</p>
<ul>
<li>Ich benötigte auch für die wenigen Kommandos, für die ich keine Sichtzeichen hatte, ein Zeichen.</li>
<li>Das Training für die Beißhemmung würden wir definitiv verstärken und verändern müssen. Er lernte das nicht aus dem Verhalten der anderen Hundewelpen, da er ihre Schmerzlaute nicht hörte. Und das spiegelte sich auch im Verhalten wider: sein Welpenzergeln war deutlich ausgeprägter als bei meinen vorherigen Hunden.</li>
<li>Alfons würde mich regelmäßig anschauen müssen. Er schaute mich eh schon ungewohnt oft an, aber er würde mich noch häufiger ansehen müssen, damit ich ihm korrigierende Kommandos geben könnte.</li>
<li>Rückruf. Rückruf war ein echtes Thema. Nicht immer sieht der Hund einen an wenn man ihn zurückrufen muss. Genauer gesagt ist das eigentlich selten der Fall: wenn man den Hund dringend zurückrufen muss, schaut er einen eigentlich gerade nicht an.</li>
<li>Die Bestätigung musste anders laufen. Ein „Gut!“ oder „Super!“, was ich gerne benutzt habe, ist völlig nutzlos.</li>
<li>Korrektur musste nun auch über ein Sichtzeichen erfolgen. Mein gerne benutztes „Nein!“ war ebenso wirkungslos.</li>
</ul>
<p>Zunächst ging ich die Bestätigung an. Einen Hund zu bestätigen ist ein wichtiges Werkzeug in der Erziehung um das erwünschte Verhalten hervorzurufen; außerdem ist eine Bestätigung zeitkritisch. Bestätigt man zum falschen Zeitpunkt, kann es sein, dass man das falsche Verhalten verstärkt. Deshalb musste die Geste einfach und prägnant sein, damit man sie schnell nutzen und sie auch mit einer Hand ausführen kann. Zuerst nutzte ich ein das Klatschen-Zeichen aus der Gebärdensprache, aber das war unpraktisch, da die Gebärde zu lange dauerte und zu viel Körpereinsatz braucht. Nach etwas nachdenken fing ich an, den Daumen hoch als Klickersignal (bei jeden Daumen hoch gibt es eine Belohnung) und das OK-Zeichen als „du machst es richtig, sehr gut“-Zeichen aufzubauen. Der Aufbau des Klicker-Signals war einfach: jedesmal, wenn er etwas gut machte, zeigte ich ihm den Daumen hoch und gab ihm direkt danach ein Leckerchen. Alfons begriff das sehr schnell, es dauerte nicht lange und er schaute begierig nach der Belohnung sobald er den Daumen hoch sah.</p>
<p>Die „du machst es richtig“-Geste dauerte länger. Mir war zunächst nicht recht klar, wie ich die Geste überhaupt aufbauen sollte. Mit Sprache kommt das irgendwie von selbst: jedesmal, wenn der Hund etwas gut macht, lobt man ihn und mit der Zeit lernt der Hund, dass ein „Super!“ bedeutet, dass er es richtig macht und freut sich darüber. Wie sollte man das mit Gesten bewirken?</p>
<p>Nachdem ich einige Tage darüber nachgedacht hatte, wurde mir klar: genau so. Der Hund wird es auf die gleiche Weise lernen wie ein hörender Hund das „Super!“ lernt. Ich fing also an, das OK-Signal jedesmal zu geben, wenn er etwas richtig machte, und dabei mit der Körpersprache zu unterstützen (aufmunterndes Nicken, Anspannung, wie man sich halt verhält wenn man ein kleines Kind anfeuern will). Nach und nach begriff Alfons, dass das OK-Symbol etwas Gutes darstellte.</p>
<p>Uff, puh. Die wichtigsten Gesten für die Erziehung saßen: das Daumen hoch als Klicker-Geste für das Shaping und die Bestätigung und das „du machst es richtig“ für die Bestätigung, dass er auf dem richtigen Weg ist.</p>
<p>Fehlende Gesten für Kommandos zu finden erwies sich anfangs auch als überraschend schwierig. Zum Beispiel ein Sichtzeichen für „Aus“ (lass das, was du im Maul hast, fallen) – wie und mit welchem Zeichen trainiert man das? Ich dachte wirklich lange darüber nach, bis mir aufging, dass es völlig egal ist, welche Geste ich nehme. Sie muss überhaupt gar nichts mit der Aktion zu tun haben. So kann man „Aus“ durchaus auch mit drei Fingern hoch zeigen. So könnte man das z.B. so trainieren:</p>
<ul>
<li>der Hund trägt ein Spielzeug im Maul</li>
<li>man zeigt ihm die Futterbelohnung</li>
<li>kaum lässt er es fallen, zeigt man die Aus-Geste und belohnt es</li>
</ul>
<p>Nach einigen Wiederholungen wird er verstehen, was die Geste bedeutet. Ich muss zugeben, dass ich das mit Alfons noch nicht geübt habe, weil ich andere Baustellen hatte, die ich als wichtiger empfand. Doch das werde ich definitiv noch angehen und dann hier berichten.</p>
<p>Im nächsten Artikel werde ich über die Beißhemmung sprechen.</p>
</div>
</article>„Schatz, der Hund hört nicht!“tag:wwwtech.de,2022:Deafie/32022-07-09T21:09:05.279012+00:002022-07-09T08:49:52.935+02:00<article
class="article deafie h-entry"
lang="de">
<div class="header-image">
<img src="https://wwwtech.de/the-life-of-alfons/2022/jul/schatz-der-hund-hört-nicht.jpg?type=large" alt="">
</div>
<div class="e-content">
<p>Ich dachte zuerst, dass das Hierher einfach noch nicht wichtig genug war in seinem Kopf und versuchte ihn mit besseren Leckerchen zu locken. Die nahm er auch sehr gerne, aber das Verhalten änderte sich nicht: in Situationen mit starker Ablenkung konnte er immer noch nicht zu mir kommen. Immer noch hab ich nicht im Traum daran gedacht, dass er gehörlos sein könnte: er war (und ist) verdammt gut darin mich zu lesen und mich im Auge zu behalten. Die Kommandos saßen einwandfrei, er folgte mir immer wenn ich irgendwo hin gegangen bin, nur das mit dem Hierher, ich musste immer erst drohen… für einen Welpen total untypisch!</p>
<p>Nach etwa vier Wochen wusste ich auch nicht mehr weiter und habe mal die Hundetrainerin darauf angesprochen. Meine Schilderungen mussten ziemlich konfus geklungen haben, ich war mir selber nicht im klaren darüber, wo genau das Problem liegt. Mal schien er gut zu kommen, mal klappte es nicht wirklich bzw. nur wenn ich laut klatschte. Um das zu zeigen habe ich das in der Situation auch direkt vorgeführt: keine Reaktion, obwohl ich mehrfach laut rief. Kaum ging ich jedoch in die Hocke, kam er sofort freudig zu mir gelaufen.</p>
<p>Nach einigem hin und her kam dann die Frage auf: hast du mal geprüft, ob er dich überhaupt hören kann? Nein, hatte ich natürlich nicht.</p>
<p>Als ich wieder zuhause war, habe ich erstmal experimentiert. Ich hatte auch immer Sichtzeichen trainiert, einfach weil es praktisch ist den Hund nur mit einer Geste Anweisungen gehen zu können. Die ließ ich jetzt mal weg: Sprachkommando Sitz! - klappte sofort. Sprachkommando Platz! - klappte sofort. Er hört doch! Oder? Sprachkommando Platz! - der Hund setzt sich hin. Hä?</p>
<p>Je mehr ich experimentierte, desto offensichtlicher wurde es: Alfons war einfach verdammt gut darin zu raten oder zu lesen, was ich von ihm wollte. Je zufälliger ich mich verhielt, desto schlechter klappten die Kommandos. Und je länger Daniela und ich darüber nachdachten, desto offensichtlicher wurde es. Am ersten Tag hatte ich den Rasen mähen müssen, und Alfons war trotz laufendem Rasenmäher einfach auf der Wiese eingeschlafen. Zwischendurch, wenn Mila, der Hund meiner Mutter, zu Besuch war und in den Raum kam, schlief er einfach weiter. Wenn ich den Raum verließ und dabei nicht wie ein Trampeltier gegen irgendwelche Tische bollerte, schlief er einfach weiter. Das „Nein!“ hatte so gar nicht geklappt, vor allem in den ersten Tagen, obwohl wir irgendwann vor Verzweifelung laut brüllten (wir hatten das für Dickköpfigkeit gehalten).</p>
<p>Tja, es war offensichtlich: Alfons war gehörlos.</p>
<p>Um eventuell lösbare Probleme auszuschließen ging ich dann noch zur Tierärztin. Leider konnte sie aber auch nichts feststellen, sie bestätigte nach ein paar Tests jedoch meine Diagnose.</p>
<p>Um es zusammenzufassen: festzustellen, ob ein Hund gehörlos ist oder nicht, ist im Zweifel gar nicht zu einfach. Man muss wissen, worauf man achten muss:</p>
<ul>
<li>Ohrenspiel: bewegen sich die Ohren, wenn es Geräusche gibt?</li>
<li>Schläft der Hund einfach weiter, wenn es Verkehr im Raum gibt?</li>
<li>Scheint der Hund manchmal einfach nicht gehorchen zu wollen, obwohl er gerade mal ein paar Wochen alt ist?</li>
<li>Scheint der Hund bei reinen Rufzeichen nicht recht zu verstehen, was los ist?</li>
<li>Bei Welpen: scheint der Welpe unverhältnismäßig fest zu beißen? Er hat dann wohl nicht gelernt, wann zu fest ist, weil er die Schmerzenslaute seiner Geschwister nicht gehört hat.</li>
<li>Reagiert er nicht auf das Geräusch, dass das Futter macht wenn man es in den Napf schüttet?</li>
</ul>
<p>Im Zweifel kann der Tierarzt mit Sensorik messen, ob der Hund hören kann. Das haben wir uns bei Alfons gespart, da es so eindeutig war.</p>
</div>
</article>Gestatten? Alfons.tag:wwwtech.de,2022:Deafie/22022-07-08T08:33:30.213639+00:002022-07-08T09:39:46.296989+02:00<article
class="article deafie h-entry"
lang="de">
<div class="header-image">
<img src="https://wwwtech.de/the-life-of-alfons/2022/jul/gestatten-alfons.jpg?type=large" alt="">
</div>
<div class="e-content">
<p>Diesmal wollte ich alles richtig machen: noch auf der Wanderung suchten wir nach einem Züchter und hatten Glück. Im Nachbarort hatte ein renommierter Züchter einen Wurf mit Welpen im richtigen Alter. Freitags riefen wir ihn an und fragten nach, ob noch ein Welpe verfügbar sei. Glück gehabt: ein Rüde war noch unvergeben. Am Sonntag fuhren wir heim, und am Montag morgen haben wir Alfons schon beim Züchter abgeholt. Ein total süßer Kerl!</p>
<p><img src="https://wwwtech.de/pictures/356.jpg?type=large" alt="Alfons als Welpe auf dem Radweg" /></p>
<p>Natürlich haben wir uns auch direkt für die Welpenstunde angemeldet, einer der Kurse, die ich für absolut sinnvoll halte. Sozialisierung privat hinzubekommen ist sehr schwer, schlicht weil man in der Regel keinen Zugriff auf viele Hunde hat.</p>
<p>Tja. Und nun hatten wir einen neuen Hund und waren beide total verliebt. </p>
<p>Ausgehend von dieser Situation möchte ich hier meine Erfahrungen mit dem Leben mit einem und der Ausbildung eines gehörlosen Hundes schildern. Wenn Sie das interessiert, werter Leser, sind Sie herzlich eingeladen mitzulesen. Meine Hauptmotivation für dieses Blog ist, dass ich in der Anfangszeit fast keine Informationen zu der Ausbildung von tauben Hunden finden konnte, die über „dann musst du halt mit Sichtzeichen arbeiten!“ hinausgingen. Getreu dem Motto „es gibt nichts? Dann musst man halt selber ran!“ Vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen.</p>
<p>Aber beachten sie bitte, dass ich kein Profi bin. Ich habe Erfahrung in der Ausbildung von Hunden, jedoch bin ich kein Hundetrainer oder etwas ähnliches. Es ist also keine Anleitung von mir zu erwarten!</p>
</div>
</article>